Verkehr und Die Linke

Unsere Anlage mit der Kurz-Zusammenfassung des Wahlprogramms von Die Linke sowie den sechs gestellten Fragen finden Sie -> hier.

Die Antwort der Partei Die Linke haben wir am 31.01.2025 per Mail erhalten. Hier unsere Fragen und die Antworten von der Partei Die Linke .

Frage 1.: Was verstehen Sie unter „gleichberechtigte Aufteilung des Verkehrsraumes“? Bitte skizzieren Sie Ihre Pläne, insbesondere auch für die betroffenen Stadteile Bahrenfeld, Lurup und Osdorf sowie die bisher bekannten Magistralenplanungen.
Antwort zu 1.: >In unserem Wahlprogramm heißt es: „Eine gleichberechtigte Aufteilung des Verkehrsraums zwischen Autos, Fahrrädern, ÖPNV und Fußgänger*innen bedeutet gegenüber dem Status Quo eine Stärkung des Umweltverbundes zu Lasten des Autos.“ Gerade entlang der StreBaLu sieht es so aus, dass Fußgänger*innen und Radfahrer*innen meistens an den Rand, auf schmale, oft kaputte Bordsteinwege, gedrängt werden, während der Autoverkehr vier Fahrbahnen hat. Für Busse hingegen gibt es keine eigenen Spuren, so dass diese zusammen mit den Autos im Stau stehen.
Konkret fordern wir entlang der StreBaLu eine eigene Spur für den Bus. Aus unserer Sicht kann das relativ schnell umgesetzt werden, der Engpass vor der Autobahnüberquerung lässt sich mit einer Vorrangschaltung (und Schleuse) regeln. Die Planungen des Senats für das Hochleistungsbussystem entpuppen sich hingegen immer mehr als Verzögerungstaktik, denn die Fertigstellung soll 10-15 Jahre dauern.
Breitere Gehwege und geschützte Radfahrstreifen sollen den Fuß-und Radverkehr sicherer und attraktiver machen.
Die vom Senat geplante Verbreiterung der Luruper Hauptstraße lehnen wir ab.

Frage 2.: Wie wollen Sie vor dem Hintergrund der bestehenden gesetzlichen Straßenverkehrs­regelungen, insbesondere zur VwV-StVO (Ausführungen zu Zeichen 245) und zugehöriger Rechtsprechung in Deutschland u.a. neue eigene Busspuren einrichten? Wir bitten um eine ausführliche verwaltungsrechtliche Erläuterung und eine zeitliche Präzisierung für die Einrichtung von Busspuren.
Antwort zu 2.: In der VwV sind zwei Kriterien maßgeblich:
12. Die Anordnung von Sonderfahrstreifen soll in der Regel nur dann erfolgen, wenn mindestens 20 Omnibusse des Linienverkehrs pro Stunde der stärksten Verkehrsbelastung verkehren.
Dieses Kriterium erfüllt die Buslinie 3 schon alleine. Nimmt man noch X3 und abschnittsweise die Linie 2 hinzu, liegt der erreichte Wert bei 38 Bussen pro Stunde und Richtung, also 76 Busse nach den Kriterien der StVO.
Die Anordnung von Sonderfahrstreifen kommt dann in Betracht, wenn die vorhandene Fahrbahnbreite ein ausgewogenes Verhältnis im Verkehrsablauf des öffentlichen Personenverkehrs und des Individualverkehrs unter Berücksichtigung der Zahl der beförderten Personen nicht mehr zulässt. Auch bei kurzen Straßenabschnitten (z. B. vor Verkehrsknotenpunkten) kann die Anordnung von Sonderfahrstreifen gerechtfertigt sein. Die Anordnung von Sonderfahrstreifen kann sich auch dann anbieten, wenn eine Entflechtung des öffentlichen Personenverkehrs und des Individualverkehrs von Vorteil ist oder zumindest der Verkehrsablauf des öffentlichen Personennahverkehrs verbessert werden kann.“
Eine Verbesserung des Busbetriebs auf der StreBaLu kann durch Busspuren sicher eintreten. Laut einer Anfrage unserer Bürgerschaftsfraktion (Drs. 22/15344) waren in den Monaten Januar-Mai 2024 auf den Linien 3 und X3 bis zu 32% der Fahrten verspätet. Nur zwei bis drei Wochen lang lag der Verspätungsanteil im einstelligen Prozentbereich.
Wir haben also allen Grund optimistisch zu sein, dass die Abwägungsentscheidung, die die StVO einfordert, zugunsten von Busspuren ausfällt.
Zeitlich nimmt die Detailplanung der Busfahrstreifen bei richtiger Prioritätensetzung etwa sechs Monate in Anspruch. Für den eigentlichen Verwaltungsprozess (Anordnung) und die Beschilderung und Fahrbahnmarkierung kommen dann noch wenige Wochen hinzu.

Frage 3.: Wie wollen Sie verwaltungstechnisch eine Umwidmung von Busspuren auf Straßenbahnspuren angehen?
Antwort zu 3.: Für den Bau einer Straßenbahn muss ein eigenes Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden. Hier wird die exakte Streckenführung der Straßenbahn festgelegt. Da Straßenbahnen nach § 15 der BOStrab (Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung) einen eigenen oder besonderen Gleiskörper haben sollen, bietet sich die Nutzung vorhandener Busspuren an. Die Gleiskörper von Straßenbahn können dann wiederum für Busse freigegeben werden.

Frage 4.: Ihr Bekenntnis zur Straßenbahn weist nur einen Bezug zur U5 aus. Wir bitten hinsichtlich der Straßenbahn um eine Positionierung zur geplanten S6-West sowie zu den Querverbindungen.
Antwort zu 4.: Die Linke fordert ein Straßenbahnnetz für ganz Hamburg. Ihre Frage bzw. Aussage bezieht sich auf unsere Studie „U5 in Hamburg – Alternative Straßenbahn“, in der wir aufgezeigt haben, dass die geplante U5 an den Bedarfen der Fahrgäste vorbeifährt. In der Studie schlagen wir eine „Grüne Linie“ als Querverbindung Rahlstedt-Stellingen-Böttcherkamp vor (s.a. Karte Seite 45). Im weiteren Ausbau des Straßenbahnnetzes werden dann z.B. Verbindungen nach Altona und auch nach Schenefeld geschaffen.
Die Straßenbahn wird komplett oberirdisch gebaut, aufwändig zu errichtende unterirdische Tunnel entfallen. Anders als bei der U-Bahn werden für die Haltestellen auch keine jahrelangen offenen Baugruben (rund 30-40 Meter breit und 100 Meter lang) notwendig. Da die Baukosten pro Straßenbahnkilometer weniger als ein Zehntel pro U-Bahn-Kilometer betragen, können viel mehr Strecken gebaut werden und somit mehr Menschen eine Schienenanbindung erhalten.
Die vom Senat vor einigen Jahren vorgestellte S6-Anbindung hat Die Linke unterstützt, damit endlich eine Schienenanbindung kommt. Doch im letzten Jahr stellte sich heraus, dass die S6 nach Bahrenfeld-Lurup-Osdorf immer unwahrscheinlicher wird. Der notwendige Nutzen-Kosten-Faktor von 1 für die Finanzierung durch den Bund wird nicht erreicht, eine Finanzierung allein durch Hamburg steht nicht in Aussicht. Die Inbetriebnahme der S6-West kann laut Senat erst erfolgen, wenn der Verbindungsbahnentlastungstunnel fertig ist. Laut Bundesverkehrsministerium ist das in den 2040er Jahren der Fall. Damit droht der S6 das gleiche Schicksal wie allen anderen Planungen seit 1974 bisher: sie bekommt ihren Platz nur in der Schublade. Deshalb fordert Die Linke eine Straßenbahn für Bahrenfeld, Lurup und Osdorf.

Frage 5.: Wäre ein BHNS-System für Ihre Partei eine Alternative zu ihren Straßenbahn-Planungen? Wir bitten um Darlegung ihrer Positionen.
Antwort zu 5.: Ein erheblich verbesserter Busverkehr durch eigene Busspuren ist die am schnellsten realisierbare Maßnahme. Damit die hoffentlich zunehmende Zahl von Buskund*innen ausreichend Platz und Komfort findet, wird im nächsten Schritt eine Bahnanbindung nötig. Und dafür wollen wir die Straßenbahn haben.
Das BHNS-System klingt gut, doch der Senat macht daraus ein Projekt, das 10 – 15 Jahre bis zur Realisierung braucht. Die Linke will nicht, dass die Menschen in Bahrenfeld, Lurup und Osdorf so lange noch auf einen besseren ÖPNV warten müssen. Deshalb schlagen wir die Schaffung von normalen Busspuren vor, wie es sie an anderen Stellen in Hamburg schon gibt.

Frage 6. : Welche verkehrspolitischen Positionen ihrer Partei werden in etwaigen Koalitionsverhandlungen als unverhandelbar erachtet, sodass Sie eine mögliche Koalition mit einer Partnerpartei, die gegenläufige Forderungen hat, ablehnen würden? Wir bitten um eine erklärende Positionierung
Antwort zu 6.: Im ihrem Parteitagsbeschluss zur Koalitionsfrage hat Die Linke festgehalten:
Die Linke lädt die progressiven politischen Kräfte dazu ein, sofort nach der Wahl in der Bürgerschaft folgende Projekte zu beschließen:

– Einstieg in die schrittweise Realisierung der Kostenfreiheit des ÖPNV und dessen zügiger Ausbau unter Einschluss der Stadtbahn, um das Klimaziel einer Verdopplung der Fahrgastzahlen bis 2030 tatsächlich zu erreichen

Sollten keine parlamentarischen Mehrheiten für mehr soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Frieden zustande kommen, wird Die Linke aus der Opposition heraus gemeinsam mit fortschrittlichen Kräften der Zivilgesellschaft für diese Ziele kämpfen.

Unsere Meinung:
Die Linke, insbesondere die Antwortende Frau Heike Sudmann, ist voll im Thema der Öffi-Anbindung des Hamburger Westens. Sie kennt die Öffi-Situation im Westen und weiß, welche Verkehre durch den Ausbau der Science-City auf den Westen zu kommen werden und wie man sie angehen kann.
Es ist erfrischend zu lesen, wie sachkundig sich die Partei, insbesondere hinsichtlich der rechtlichen bzw. verwaltungstechnischen Themen samt der Freiräume für die kommunale Verwaltung zu den bekannten straßenverkehrsrechtlichen Hindernissen, mit der Einrichtung von Busspuren beschäftigt hat. Die Linke will eine Lösung mit politischem Willen und Sachkunde erwirken.

Das wird sicherlich kein politisches Picknick in Hamburg werden.
Zumal sich die Autolobby, die Auto- und nicht Öffi-zentrierten straßenverkehrsrechtlichen Gesetze und Verordnungen in Deutschland samt ihrer Verwaltungsvorschriften nur über die konkurrierende Bundesgesetzgebung anpassen lassen.

Es gibt aber frisch erweiterte gesetzlich Freiräume, die, nach unserer Auffassung, geschickt und extrem klug durch die Hamburger Verkehrsbehörden genutzt werden müssen. Dann sind Busspuren, Fußgängerzonen, Rad- und Fußwege in ungeahnten Dimensionen möglich. Den dafür erforderlichen politischen Willen können wir bislang nur bei der Partei Die Linke erkennen und heißen ihn gut!